St. Heinrich und Kunigunde in Großberg
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Großberg - Pfarrei Hohengebraching
Großberg wird seit seinem Bestehen von der katholischen Pfarrei „Mariä Himmelfahrt“ Hohengebraching seelsorgerisch betreut; Pater Augustin Lex hat zwar 1804 noch gemeint „provisorisch“; dieses Provisorium währte aber immerhin bis zum Kirchbau in Großberg über 160 Jahre.
Der Weg zur Kirche war weit und beschwerlich. Die „Oberbergler“ gingen den „Schrankbaumweg“, die „Unterbergler“ wählten den Weg über den „Dürrbuckl“ und das „Kellerholz“. Hin und zurück beträgt der Fußweg zwischen sechs und sieben Kilometer, also ungefähr eineinhalb Stunden Gehzeit.
Gingen die Großberger am Sonntag nach Hohengebraching in die Kirche, musste ein Mann zurückbleiben und während der Kirchzeit im Dorfe „Kirchawach“ halten. Mit dem „Feuerstock“ ging der Wächter durch das Dorf, um auf mögliche Feuersgefahr zu achten, aber auch, um durch sein Auftreten Diebe vom Ort fernzuhalten. Nach der Wache gab der Wächter den Feuerstock an seinen Nachbarn weiter, der diesen Dienst am nächsten Sonn- oder Feiertag versehen musste (handschriftliche Aufzeichnung von Ernst Stock).
Kirche mit Glockenturm und Vorplatz
In früheren Jahrzehnten mussten die Großberger Kinder um halb Sieben zur Frühmesse nach Hohengebraching aufbrechen. Um 7 Uhr begann die Messe, um 8 Uhr dann die Schule.
Eines Wintertages, es war 1932, hatte es fest geschneit, so ungefähr einen halben Meter. Wir Schulkinder bahnten täglich den Weg; die älteren Frauen (für uns die „alten Weiber“) in entsprechendem Abstand hinterher. Dieses normale Geradeaus auf der Landstraße war aber bald ohne Reiz. Da kam der kräftigste Bub auf die Idee, in Schlangenlinien zu gehen, von der linken Straßenseite zur rechten usw., und wir hinterdrein, so dass sich eine ganz bequeme Gehspur ausbildete. Dieser Schlange mussten notgedrungen dann auch die alten Weiber folgen. Nach der Kirche erhielten wir unseren „Landler“: „Öis Saubuam, könnt’s öis net grodaus geh!’“
Engelbert Rauscher, ehemaliger „Oberbergler“, jetzt Bad Abbach
Bei Beerdigungen wurde der Tote im Sarg von den Männern auf Schultern zum Friedhof nach Hohengebraching getragen. Erst unter dem Geistlichen Rat Lehner (1934 – 1957) wurde ein Leichenwagen angeschafft.
1959 wollte das Staatliche Forstamt den Schrankenbaumweg zwischen Großberg und Hohengebraching sperren, auch für Fußgänger. Gemeinderat, Bürgerschaft und Pfarramt erhoben dagegen am 5. März Beschwerde, da ein Umweg über die B 16 bis nach Hopfenhausen (ungefähr beim heutigen Autobahnanschluss Pentling) für die Kirchenbesucher, Schulkinder und Waldarbeiter aus Großberg einen erheblichen Mehraufwand an Zeit verursacht hätte. Es half nichts. Am 20. Mai wurde der Weg gesperrt. Gemeinderat und Pfarrer Scheuerer erklärten sich hierauf bereit, den Schrankenbaumweg in einen verkehrsicheren Zustand versetzen zu lassen.
Kirchenbau und Seelsorgerhaus
Seit 1931 bemüht man sich in Großberg um den Bau einer eigenen Kirche. Ein Kirchenbauverein wurde Weihnachten 1931 gegründet, der im Laufe der Zeit die erforderlichen Mittel für den Kirchenbau, eine katholische Konfessionsschule und evtl. einer Begräbnisstätte aufbringen sollte.
„Es ist in Erwägung gezogen, daß die Ortschaft und Gemeinde Großberg, Bezirksamt Stadtamhof, erstanden im 19. Jahrhundert, von welchem im Jahre 1801 das erste Haus mit Hs.-Nr. 1 erbaut wurde, bis zum heutigen 48 Hausnummern zählt und eine Seelenzahl von 250 aufweist, daß in etwa nach mehreren Jahrzehnten in der Zunahme so fortschreitend, verdoppelt und verdreifacht wird, eine Seelsorgestelle notwendig wird, haben sich die Unterzeichneten entschlossen, den Grundstein zu einer künftigen Seelsorgestelle zu legen.“
Die Stiftungsurkunde ist unterzeichnet von Peter Gleixner, Johann Hackermeier, Adolf Hoibl, Josef Marchner und Hans Mayer. Die Unterzeichner stifteten auch gleich Beträge bis zu 100 Mark.
Der Nationalsozialismus unterband diese Bestrebungen einer Kirchengründung und löste den Verein auf. Am 14. Oktober 1961 konnte der Kirchenbauverein Großberg neu gegründet werden (StA AM, Bezirksamt Regensburg, 10669). Auch evangelische Familien unterstützten den Kirchenbauverein.
Nach dem Bau des ersten Schulhauses konnten dort auch katholische und evangelische Gottesdienste abgehalten werden.
Es ist das Verdienst von Pfarrer Scheuerer und des Kirchenbauvereins Großberg, dass 1962 mit der Planung der Großberger Kirche begonnen werden konnte. Architekt war Franz Ferstl aus Parsberg. Am 6. Oktober 1962 legte Domkapitular Prälat August Kuffner den Grundstein. Die Urkunde trägt unter anderem folgenden Wortlaut:
„Dies ist, um der Nachwelt kundzutun, daß dieser Kirchengrundstein anno Domini 1962 feierlich gelegt worden ist. Die Kirche ist erbaut dem Dreifaltigen Gott und um anzubeten auf Erden Jesus Christus, den Sohn der Jungfrau Maria. Sie ist gewidmet dem Hl. Kaiser Heinrich II., da derselbige war Sohn Heinrich des Zänkers, und geboren ward im nahe gelegenen Marktflecken Bad Abbach. Der Heilige unseres Heimatgaues möge fürderhin sein Fürbitter und Schutzherr von Kirche und Ort Großberg.“
Am 7. Februar 1963 konnte der Richtbaum auf die Kirche gesetzt werden, am 21. Juni 1963 war Richtfest am Kirchturm (Höhe 37 m). Die Urkunde in der Kugel der Turmspitze nimmt Bezug auf aktuelle Ereignisse (Tod von Papst Johannes XXIII., Wahl von Paul VI., Rücktritt von Bundeskanzler Dr. Adenauer, Wahl von Bundeskanzler Prof. Dr. Erhard; auch dass Großberg seit einer Woche die neue Wasserleitung in Betrieb hat).
Der Altarraum von Großberg |
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Innenansicht des Haupteingangs |
Drei Tage nach dem Richtfest, am 24. Juni, wurden die drei Glocken feierlich eingeholt, am 5. Oktober geweiht. Am 30. Oktober 1963, 15.00 Uhr läuteten zum ersten Mal die Glocken von Großberg: die „Heinrichsglocke“ (700 kg), die „Marien¬glocke" (500 kg) und die „St. Martinsglocke“ (300 kg). Am 14. Juli 1991 gesellte sich eine vierte Glocke dazu: die St. Rupertusglocke (1200 kg). Sie wurde aus Dankbarkeit anlässlich des 75. Geburtstages und des 50. Priesterjubiläums von Pfarrer Scheuerer gegossen.
Im November 1963 wurde der neue Friedhof von der Dorfbevölkerung „in einer beispiellosen Gemeinschaftsleistung“ in Hand- und Spanndienst umfriedet.
Am 1. Dezember 1963 wurde die Benediktion (Erlaubnis, Gottesdienste zu halten) der neuen Kirche durch Prälat Kuffner vollzogen. An diesem Tag fand der erste Gottesdienst in der Kirche St. Heinrich und Kunigunde statt. Am 12. Juli 1964 schließlich vollzog Bischof Dr. Rudolf Graber die Konsekration (endgültige Weihe) der Großberger Kirche.
1973 wurde das „Priesterhaus“ fertig gestellt.
Nebengebäude der Kirche |
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Das "Priesterhaus" von Großberg |
Bis 1976 betreute Anton Pradl als Kirchenpfleger Kirche und Friedhof in Großberg. Anfang 1976 bis zu dessem Tod hatte Josef Lammel das Amt des Kirchenpflegers inne.
Patrozinium „St. Heinrich und Kunigunde“
Patrozinium „St. Heinrich und Kunigunde“
Heinrich, nachmalig Herzog von Bayern und als Heinrich II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wurde am 6. Mai 973 als erster Sohn des bayerischen Herzogs Heinrich „des Zänkers“ (951 – 995) und dessen Gemahlin Gisela von Burgund höchstwahrscheinlich auf der Burg Abbach geboren. Nach ersten Jahren in Hildesheim erhielt er in Regensburg bei Bischof Wolfgang (972 – 994) und Abt Ramwold (974 – 1000) eine fundierte Ausbildung. 995, nach dem Tode seines Vaters, wurde er Herzog von Bayern und lenkte das Land von Regensburg aus.
Kunigunde, Heinrichs Gemahlin, wurde in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts in Luxemburg als Tochter des Grafen Siegfried von Lützelburg geboren. Zwischen 998 und 1000 wurde sie mit Heinrich vermählt. Am Tag der Hochzeit schenkte ihr Heinrich das Königsgut Bamberg als „Morgengabe“ (d.h. zur Versorgung der Frau, falls sie Witwe werden sollte). Die Ehe blieb kinderlos; das trug nach ihrem Tode zur Legendenbildung bei, beide hätten jungfräulich gelebt.
Als letzter Nachkomme des sächsischen Herrscherhauses wurde Heinrich 1002 – nicht ohne Widerstände – zum deutschen König gewählt und am 6. Juni in Mainz gekrönt. Die Krönung Kunigundes zur Königin war wenige Wochen später in Paderborn. Innerhalb von nur acht Monaten konnte Heinrich sich im gesamten Reichsgebiet durchsetzen. 1004 wurde er in Italien mir der lombardischen Krone gekrönt. Zehn Jahre später krönte Papst Benedikt VIII. Heinrich und seine Gemahlin Kunigunde zum Kaiser und zur Kaiserin. Während der Regentschaft Heinrichs II. – das hieß als „Wanderkaiser“ ständig unterwegs sein – blieb Kunigunde meist in seiner Nähe, zeitweise war sie sogar als Regentin eingesetzt.
Das Herrscherpaar bewies von Anfang an besondere Frömmigkeit; das zeigte sich in ihren Friedensbemühungen, in Stiftungen und Schenkungen. Als beide nach ihrer Königskrönung im Herbst 1002 nach Regensburg zurückkehrten und vom Volk mit großem Jubel empfangen wurden, nahmen sie sich der verfallenen „Alten Kapelle“ an. Sie ließen sie wiedererrichten, erneuerten das angeschlossene Stift und stellten es durch Schenkungen auf eine sichere Grundlage.
Zum Wiederaufbau der 1002 durch Brand zerstörten Obermünsterkirche trugen Heinrich und Kunigunde mit reichen Schenkungen wesentlich bei und verbrachten aus Anlass der Weihe dieser Kirche im Jahre 1010 die Kar- und Osterwoche in Regensburg.
St. Heinrich und Kunigunde vor dem Haupteingang |
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Der Glockenturm (Höhe 37 m) |
Das Nonnenstift Niedermünster, die Grabstätte von Heinrichs Mutter und Großeltern, wurde zu einem königlichen Kloster erhoben. Damit wurde der Grundstein für die spätere Reichsunmittelbarkeit von Niedermünster gelegt.
1007 stellte Kunigunde ihre „Morgengabe“ zur Verfügung, so dass das Bistum Bamberg gegründet werden konnte. Der Bau des weltberühmten Bamberger Domes geht auf Heinrichs und Kunigundes Gründung zurück. Am 6. Mai 1012, dem Geburtstag Heinrichs und dem Jubiläum der zehnjährigen Regentschaft wurde der Dom im Beisein von 45 Bischöfen und aller Großen des Reiches eingeweiht. Bamberg sollte das zweite Rom (nördlich der Alpen) werden.
Heinrich starb am 13. Juli 1024 in Grona bei Göttingen; er wurde im Dom zu Bamberg bestattet. Kunigunde zog sich als Nonne in das Kloster Kaufungen bei Kassel zurück und verstarb dort am 3. März 1033. Ihrem Wunsch entsprechend wurde sie neben ihrem Gemahl im Bamberger Dom beigesetzt.
1146 wurde Heinrich von Papst Eugen III. heilig gesprochen: „Obschon er Kaiserkrone und Zepter trug, lebte er doch nicht wie ein weltlicher Kaiser, sondern wie ein heiliger Geistesmann.“ Heinrich zählt auf Grund seiner starken Persönlichkeit zu den besonnensten, zielstrebigsten und erfolgreichsten Herrschern des Mittelalters. Seine Reformpolitik war zugleich Friedenspolitik; dies zeigte sich vor allem in seiner Italienpolitik; zusammen mit dem französischen König Robert II. trat er für ein friedliches Zusammenleben beider Staaten ein. Die Kirche feiert sein Fest am 13. Juli.
Kunigunde wurde 1200 von Papst Innocenz III. heilig gesprochen. Das Bistum Regensburg gedenkt ihrer am 13. Juli (sonst üblicherweise am 3. März). In der Volksverehrung übertrifft Kunigund als „fränkische Maria“ ihren Mann an Popularität. Das zeigt sich auch in einigen Bauernregeln:
Kunigund [d.i. 3. März], kimmt d’Wärm von unt’!
Donner um Kunigund, treibt’s der Winter bunt.
Lachende Kunigunde bringt frohe Kunde.
Obwohl Heinrich aus dem Bistum Regensburg stammt, ist überraschenderweise nur die Großberger Kirche als einzige nach ihm benannt. Auch Kunigunde ist neben Großberg nur noch an einer Filialkirche in Tirschenreuth Patronin.
(Zum Nach- und Weiterlesen: Ritter 1989; Weinfurtner 2000)
Seelsorgerische Betreuung der Ortschaft Großberg seit 1804
Die Ortschaft wurde seit ihrer Gründung 1804 von den Hohengebrachinger Pfarrern betreut:
1803 - 1814
1814 - 1817
1817 - 1834
1834 - 1848
1848 - 1858
1858 - 1862
1862 - 1874
1874 - 1884
1884 - 1897
1898 - 1907
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Augustin Lex, OSB
Heinrich Niebler
Anselm Xaver Elefzinger, OSB
Max Wolf
Mathäus Weinmayer
Johann Baptist Bunzmann
Georg Stadler
Johann Georg Maier
Wolfgang Veitl
Joseph Obermaier
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1907 - 1913
1913 - 1927
1927 - 1934
1934 - 1957
1957 - 1976
1976 - 1979
1979 - 1999
1999 - 2013
2013
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Ignaz Bäumler
Mathias Grötsch
Anton Schönhärl
Johann Baptist Lehner
Rupert Scheuerer
Gustav Krämer
Georg Frank
Andreas Giehrl
Stefan Haimerl
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Im Laufe der Jahre konnten immer wieder Seelsorger gewonnen werden, die in Großberg oder in der näheren Umgebung wohnten und ehrenamtlich den Hohengebrachinger Pfarrer unterstützten; sie alle haben hervorragende seelsorgliche Arbeit geleistet. Erwähnt seien hier vor allem:
Prof. Dr. Wolfgang Beinert, geb. 1933, 1972 Habilitation in Regensburg, 1973 Professor in Bochum, 1979 Professor in Regensburg, 1998 Emeritierung, jetzt in Pentling.
Franz Xaver Hirsch, Prälat, Domdekan, seit 2003 emeritiert; betreut auch Matting mit.
Dr. Karl Wölfl, Monsignore, von 1971 bis 1993 Leiter des Seelsorgeamtes in Regensburg, von 1972 bis 2000 als Seelsorger in Großberg tätig; er wohnte von 1973 bis 2001 im so genannten „Priesterhaus“. Karl Wölfl hat 1976 zusammen mit Dr. Georg Völkl und Ernst Stock die erste Chronik des Dorfes Großberg verfasst; 1989 gab er anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Großberger Kirche eine Festschrift heraus. Bekannt sind auch seine „Heiligen von Großberg“, Bildchen mit Lebensbeschreibung und Legenden für über 700 gebräuchliche Namensheilige.
Domvikar em. Msgr. Richard Völkl, BGR; geb. 1928 in Weiden, Priesterweihe 1960, Kaplan in Thalmassing, Regensburg-Schwabelweis, Regensburg-St. Konrad; 1972 Domvikar, Leiter des Synodalbüros und der Bischöflichen Pressestelle, Leiter der Diözesanpilgerstelle; seit 1998 im Ruhestand.
Prof. em. Dr. Karl Josef Benz, Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Universität Regensburg.
Michael Weißmann, Diakon, Diakonenweihe 2001, Leiter des Referats Ehe und Familie der Diözese Regensburg wohnt mit seiner Familie seit 2002 im Seelsorgerhaus in Großberg.
Militärdekan Hans Meyer; wohnte 2002 - 2007 in Großberg.
Die Daten wurden von Prof. Dr. Hans Weigert, Niedergebraching, gesammelt und zusammengestellt.
Fotos: Rainer Kühne
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